GESTERN.

Zukunftsraum, Symbol und Wendepunkt...

GESTERN.
Vor der Volksabstimmung
 

Am 4. April 1972 erfolgte der Spatenstich für das Bauprojekt „Atomkraftwerk Zwentendorf“. Bis zur endgültigen Fertigstellung des Siedewasserreaktors mit einer Leistung von rund 732 MW vergingen vier Jahre. Ab dem Jahr 1975 kam es jedoch zu Gegenbewegungen. Im Endeffekt spaltete das AKW keine Atome, sondern Politik, Parteien und Bevölkerung.

Die Menschen protestierten über Parteigrenzen und ideologische Hintergründe hinweg. Auf der einen Seite standen die Atomgegner, auf der anderen alle Mächtigen des Landes: die SPÖ-Alleinregierung unter Bruno Kreisky, die Gewerkschaft, die Industrie und die Handelskammer. In der Erwartung eines zustimmenden Ergebnisses, beschloss der damalige Bundeskanzler das Volk über die Inbetriebnahme des Kernkraftwerkes abstimmen zu lassen, doch der Schuss ging nach hinten los.

Das Jahr 1978
 

Am geschichtsträchtigen 5. November 1978 verlas Innenminister Erwin Lanc um 19:30 Uhr das überraschende Ergebnis: „Ja: 1.576.839 Stimmen oder 49,53 Prozent. Nein: 1.606.308 Stimmen oder 50,47 Prozent. Das im Parlament zur Volksabstimmung vorgelegte Gesetz ist damit gefallen.“
Ein kleiner Unterschied von weniger als 30.000 Stimmen entschied an diesem Tag nicht NUR über das Schicksal des Kraftwerks, sondern prägte auch die österreichische Energiepolitik der nächsten Jahrzehnte nachhaltig.

Nach der Volksabstimmung
 

Als Folge der Volksabstimmung beschloss der Nationalrat noch im Dezember 1978 mit dem „Atomsperrgesetz“ das Verbot von Atomkraftwerken in Österreich. Im März 1985 – noch vor der Katastrophe in Tschernobyl – beschlossen die Eigentümer die „stille Liquidierung“ der Gesellschaft. Die Verwertungsgesellschaft begann mit dem Verkauf der Brennstäbe und anderer Anlagenteile. Die gut eingeschulten und ausgebildeten Mitarbeiter des Atomkraftwerks gingen in die Elektrizitätswirtschaft oder fanden in der deutschen Kernindustrie Beschäftigungen. Das AKW Zwentendorf kostete inklusive Konservierungsbetrieb insgesamt 14 Milliarden Schilling (umgerechnet 1,02 Milliarden Euro).