Das AKW als Trockendock: Zwentendorf bietet weltweit einzigartige Schulungsmöglichkeiten für Kernkraftwerksmitarbeiter.

Da das AKW nie in Betrieb ging, sind Bereiche zugänglich, die ansonsten für Menschen aufgrund hoher Radioaktivität nur unter erheblichen Sicherheitsvorkehrungen begehbar wären.

Diese Möglichkeit machen sich seit 2003 hunderte Techniker – vor allem aus baugleichen deutschen Reaktoren – zu Nutze. 2003 wurden erste Kurse mit der Kraftwerksschule Essen durchgeführt, nach und nach wurde die Kraftwerksanlage als Schulungsreaktor umgerüstet und genutzt. Heute schafft man mit bis zu 120 Kurstagen jährlich Einnahmen und trägt zum sicheren Betrieb von Kernkraftwerken bei.

Kernkraftwerke haben Nutzungs- und Revisionszyklen. So werden bestimmte Kernkraftwerke über einen Zeitraum von drei Jahren durchgehend betrieben und dann für ein halbes Jahr stillgelegt, um bestimmte Verschleißteile zu wechseln. Da diese Revisionstätigkeiten in normalen Kernkraftwerken teilweise in stark verstrahlten Bereichen durchgeführt werden, verlangen sie eine aufwendige Logistik: Für eine Tätigkeit, die normalerweise zwei Mitarbeiter ausführen könnten, werden in Kernkraftwerken zehn bis 15 Menschen herangezogen, die sich immer nur eine sehr kurze Zeitspanne im verstrahlten Bereich aufhalten dürfen. Da sie dadurch nur kleine Handgriffe ausführen können, müssen die Techniker sehr gut aufeinander eingespielt sein. Diese Arbeitsabläufe werden im Kernkraftwerk Zwentendorf quasi im „Trockendock“ geübt – unter absolut realistischen Bedingungen, aber ohne jegliche Gefahr durch Radioaktivität.

Nachdem sich die deutschen Kraftwerkstechniker in den nächsten Jahren wohl vor allem mit einem möglichen Abbau bestehender Kernkraftwerke beschäftigen werden – auch das zu Planungszwecken wohl im Kraftwerk Zwentendorf – besteht seit diesem Jahr ein steigendes Interesse indischer Kraftwerkstechniker am Schulungszentrum Zwentendorf. An eine Rückkehr zum „Dornröschenschlaf“ ist also in den nächsten Jahren nicht zu denken.